Die Südküste der Bretagne
Im letzten Bericht haben wir unsere schönen Erlebnisse am Pointe du Raz geschildert. Leider aber haben wir dort wieder ein Abenteuer erleben müssen. Auf dem ländlichen, ruhigen Campingplatz hat sich nämlich ein Marder an unseren Balu herangemacht und in der Nacht die Diesel Rückführleitung durchgebissen. Da lief dann unten am Auto das Diesel raus, sobald der Motor lief. Wir also wieder den ADAC angerufen (Da sind wir ja Stammkunde!) und nach einer guten Stunde war der Pannendienst mit seinem Abschleppauto da. Er hat den Fehler binnen Sekunden gefunden und dann kreativ geflickt: mit einem Einweghandschuh und einer Schlauchschelle und uns den Besuch einer Werkstatt empfohlen. Glücklicherweise gab es am Ortsrand von Audierne eine Renault Werkstatt. Die haben bei Fiat in Quimper einen Ersatzschlauch bestellt und am nächsten Tag eingebaut. So weit so gut! Weit gefehlt: nach der nächsten Nacht läuft schon wieder Diesel unten raus! Der nette Herr von der Werkstatt kommt zum Camping, guckt den Schlauch an und rauft sich die Haare: „Incroyable!“, schon wieder Löcher im Schlauch. Bislang hat er nicht an einen Marder geglaubt, nun tut er es schon. Wir holen den alten Schlauch aus dem Müll, in der Werkstatt basteln sie aus den zwei kaputten Schläuchen einen neuen zusammen und bauen ihn am Nachmittag ein.
Wir sind (endlich) aus dem Schaden klug geworden und übernachten nicht nochmal im Revier dieses Marders, sondern lieber in Audierne auf einem Stellplatz. Um unsere zerrütteten Nerven zu beruhigen, gehen wir am Abend in Audierne spazieren, sehen dann ein Lokal in toller Lage und beschließen, dort zu essen. „Le Grand Large“ (Große Breite=Das offene Meer) bietet einen wunderbaren Blick aufs stürmische Meer, dazu Fisch Rillette, Wein und Muscheln.
Am nächsten Morgen wollen wir endlich Audierne verlassen. Balu ist dicht, kein Diesel Austritt, das ist doch schon mal was! Nun hören wir aber am Hang bei 1500 Umdrehungen ein komisches Geräusch. Wir sind so nervös, dass wir gleich wieder in die Werkstatt fahren. Der Herr rüttelt an der Abdeckung über dem Rückführschlauch und meint, da sei nichts was schwingen könnte. Seine magischen Hände haben das Geräusch aber behoben. Nun kann es also endlich weitergehen mit unserer Reise…
Es hat schon die ganze Nacht gestürmt und beim „Pointe de la Torche“, einem Surferstrand brechen sich riesige Wellen. Oben auf der Landzunge steht ein Dolmen, aber dort weht es so heftig, dass man das Handy kaum mehr ruhig halten kann, um zu fotografieren. Im Wasser tummeln sich einige verwegene Kitesurfer und ein Windsurfer.
Wegen des Windes ist leider auch die Außenplattform des Leuchtturms „Phare d‘ Eckmühl“ gesperrt. Ulrike steigt trotzdem die 307 Stufen hinauf, um das Treppenhaus zu besichtigen. Das ist nämlich etwas Besonderes mit seiner Wendeltreppe und der Wandverkleidung aus Opalglas Fliesen und den Art Deco Lampen.
Der Phare d‘ Eckmühl trägt seinen deutschen Namen nach der Schlacht von Eggmühl (1809) nahe dem Dorf Eggmühl in der Oberpfalz. Der französische Marschall, der in dieser Schlacht den Sieg davongetragen hat, hat dafür den Titel „Prince d‘Eckmühl“ verliehen bekommen. Seine Tochter hat in ihrem Testament 300.000 Francs zur Errichtung eines Leuchtturms an der bretonischen Küste hinterlassen. Die Auflage war, dass der Turm den Namen ihres Vaters bzw. der Schlacht tragen sollte. Die Stifterin schrieb folgende Worte: „Die Tränen, die durch die Unvermeidlichkeit von Kriegen vergossen werden, den ich mehr denn je fürchte und hasse, werden somit durch die vor dem Sturm geretteten Leben getilgt“.
Außerdem wünschte sie, dass der Leuchtturm massiv und von einem Architekten gebaut werden sollte, damit er die Zeiten sicher übersteht. Seit 1897 ist der aus Granit gemauerte, 64,8 m hohe Leuchtturm nun in Betrieb.
Am nächsten Tag, einem Samstag, besichtigen wir Concarneau. Cancarneau ist ein touristisches Ziel wegen seiner „Ville Close“, der befestigten Altstadt auf einer Insel im Hafenbecken. Ansonsten ist Concarneau eine ganz alltägliche Stadt mit einem der größten Fischereihäfen Frankreichs. Von hier fahren Hochseetrawler in die Fanggebiete im Nordatlantik aus und Thunfischfänger an die afrikanische Westküste und den indischen Ozean. Zu den ca. 1800 Seeleuten und den 1000 Beschäftigten an Land kommen noch die in den Werften und der Zulieferindustrie.
Die Ville Close ist vom Campingplatz fußläufig über der Zöllnerweg und eine kleine Personenfähre erreichbar. Schon unterwegs wundern wir uns über die große Zahl von Leuten, die mit Kameras( und Ferngläsern auf den Felsen sitzen oder mit kleinen Booten unterwegs sind. Die Fahrerin der Fähre klärt uns auf: heute laufen fünf Rennyachten aus (Trimarane, der Ultim Class), die an der Regatta „Finistere Atlantique 2024“ von Concarneau nach Antibes im Mittelmeer teilnehmen. Wir sehen das Spektakel von der Festungsmauer aus: die riesigen Trimarane passieren die Engstelle zwischen Ville Close und Festland, die Menschen am Ufer jubeln und klatschen und jede Menge kleiner Boote reihen sich hinter den Yachten ein und begleiten sie aufs Meer hinaus. Hier lebt man wahrhaftig eng verbunden mit dem Meer!
Die Ville Close selber ist sehr touristisch: jedes Haus in der Hauptgasse beherbergt entweder einen Laden, der bretonisch gestreifte Kleidungsstücke, bretonische Backwaren oder maritime Deko verkauft oder ist ein Restaurant. Während der Saison müssen sich hier die Massen durchdrängen, jetzt ist es ganz erträglich.
Nach dem schönen sonnigen Tag ist leider für die nächsten zwei Tage Regen und Sturm angesagt. Das passt ganz gut in unsere Pläne, denn wir wollen weiter nach Pont Aven und dort Ort und Kunstmuseum anschauen. Pont Aven besticht durch seine Lage: ein bewaldetes Tal, ein Flüsschen das sich in viele Arme aufspaltet an denen Mühlen betrieben wurden und ein Hafen, der noch Ebbe und Flut unterliegt. Diese Gegensätze haben viele Künstler angezogen, der bekannteste von ihnen war Paul Gaugin. Es gab eine sogenannte Schule von Pont Aven und diese Künstlergruppe entwickelte den Impressionismus in Richtung Synthetismus.
Wir übernachten am Belon, einem tief eingeschnittenen Meeresarm, bei den „Huitrieres de Chateau de Belon“, einer Austernzucht, die nebenher noch einen Stellplatz betreibt. Wäre das Wetter besser gewesen, hätte man hier ganz wunderbar an Picknicktischen mit Blick auf den Fluss Austern essen können: bei Nieselregen und kaltem Wind verzichten wir darauf!
Es nieselt auch, als wir den Schiffsfriedhof bei L’Orient anschauen. Ab 1945 hat man hier die unmodernen, alten Thunfischfangboote aus Holz am Rand der Bucht auf Land laufen lassen. Hier verrotten sie nun, bzw. versinken im Schlick. Zu Fuß sind die Boote nicht zu erreichen, mit der Drohne dagegen schon!
Wir fahren weiter nach Belz auf einen Campingplatz direkt an der Ria Etel, einem weitläufigen Flussbecken, das noch Ebbe und Flut unterworfen ist. Bei einem Spaziergang zur „Ile de Saint Cado“ sehen wir ein nettes Lokal namens „Madame Mouette“ (Frau Möwe) und reservieren gleich einen Tisch für den Abend. Mit Blick auf Insel und Wasser essen wir ganz vorzüglich!
Am nächsten Morgen machen wir bei besserem Wetter noch einige Fotos von der Ile de St. Cado und dem kleinen Häuschen im Hafenbecken von St. Cado. Nun ist allerdings Ebbe!
Am nächsten Morgen geht es mit dem Fahrrad bis ans Barre d’Etel, der Mündung des Ria Etel ins Meer. Unterwegs beobachten wir Austernzüchter bei der Arbeit und besichtigen beim Örtchen Le Magouer einen weiteren Schiffsfriedhof, wegen dem wir eigentlich hierher gekommen sind. Auch hier liegen mehrere alte Thunfischfänger, aber anders als bei dem Friedhof gestern sind sie auch zu Fuß erreichbar. Das haben auch einige Street Art Künstler genutzt und tolle Bilder auf die Rümpfe gemalt.
An der Mündung des Ria Etel entwickelt sich eine gigantische Strömung, weil das ab- bzw. auflaufende Wasser durch die Engstelle gedrückt wird. Hier steht der letzte Semaphore Frankreichs. Ein Schild erklärt uns, was das ist: Ein großer Pfeil, der je nach Stellung signalisiert, ob man in die Passage einfahren kann. Waagrecht bedeutet: besser nicht! Er ist noch in Betrieb denn als wir ankommen, steht der Zeiger noch waagrecht, nach unserem Picknick dann senkrecht.
Von dem schönen Campingplatz ist es nur noch ein Katzensprung nach Carnac. Allerdings muss man sich auch über unzählige Kreisverkehre vorarbeiten, die uns zunehmend auf die Nerven gehen. Wir fragen uns, wer die wohl erfunden hat? Und tatsächlich es waren die Franzosen und in Frankreich gibt es auch die meisten Kreisverkehre: 43.000 an der Zahl. Wir lieben es besonders, wenn ein Kreisverkehr direkt in den nächsten übergeht. Unser Navi kann gar nicht so schnell sprechen…
Jetzt in der absoluten Nachsaison ist in Carnac auch das Parken eines Wohnmobils kein Problem mehr. Die schiere Masse der Menhire und ihre Anordnung in Linien ist beeindruckend: 2800 Menhire stehen in mehreren Reihen über eine Länge von 3 km. Nicht alle sind riesig, trotzdem muss man die unglaubliche Anstrengung bewundern, die dahintersteht. Und es gibt bis heute keine wirkliche Erklärung, warum die Menschen 4000 bis 2000 Jahre vor Christus diese Steine aufgestellt haben.
Am Nachmittag fahren wir gleich weiter auf die Halbinsel Quiberon, denn morgen soll ein sonniger Tag werden und den wollen wir für eine Wanderung entlang der Küste nutzen.
Bei strahlendem Sonnenschein laufen wir auf dem Küstenweg die Steilküste entlang. Der Blick aufs Meer ist unglaublich und die Küste verdient ihren Namen „Cote Sauvage“ (wilde Küste) wahrhaftig.
Da auch morgen ein schöner Tag vorhergesagt ist, fahren wir am späten Nachmittag weiter nach Le Croisic in der Guerande. Den sonnigen Tag nutzen wir für eine Radtour durch die Salzfelder und die Besichtigung der Stadt Guerande.
Damit sind wir mit unserer Tour durch die Bretagne am Ende angelangt. Den Abschluss bildet ein Besuch bei einer ehemaligen französischen Kollegin von Peter in Niort, mit der zusammen er sich den Vorsitz des IHE Europa geteilt hat.
Wohin wird es uns unsere Reise wohl danach führen? Der Wetterbericht ist leider nicht vielversprechend.
4 Antworten
Liebe Ulrike, lieber Peter, wir haben Eure Berichte mit großem Interesse gelesen und uns daran erfreut. HG Dieter und Edith aus Metzingen
PS – die Steine in den Alignments waren zur Entstehungszeit natürlich viel viel größer , die Anstrengung das zu erstellen war gewaltig. Noch dazu wenn man bedenkt woher die Steine kamen.
Etwas Vergleichbares in der Neuzeit kann ich mir nicht denken.
Horst
Hallo Ihr Beiden,
wieder ein interessanter Bericht, danke.
Für meinen Geschmack geht Ihr sehr oft zum Essen aus 😉
Ich muss mich doch mehr mit meiner Drohne beschäftigen denn Euro Bilder damit sind Spitze.
Geht es jetzt wieder heimwärts??
Viele Grüße
Horst
Ist wieder ein sehr interessanter Bericht. Vor allem tolle Fotos.
Kommt gut nachhause! Ohne Panne!!!!!
Liebe Grüße Christine