Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Vom Chobe Nationalpark nach Namibia und westwärts durch die Zambesi Region zum Etosha Nationalpark

Zu unserem nächsten Ziel, dem Chobe Nationalpark ist es vom Sanyati Safari Camp nur ein Katzensprung. Trotzdem wollen wir beizeiten los, denn uns steht noch die abenteuerliche Fahrt vom Camp zur Hauptstraße bevor. Auf dem sandigen Weg tut man gut daran, nicht das letzte Fahrzeug zu sein. Aber zumindest regnet es nicht mehr, wir können sogar draußen frühstücken. Auch die Fahrt zur Hauptstraße zurück schaffen wir, ohne steckenzubleiben.

Dann fahren wir zum nahe gelegenen Choppies in Kazungala, um einzukaufen. Das Einkaufszentrum wirkt etwas seltsam, der Supermarkt ist schlecht sortiert und führt nicht mal gelbe Rüben. Aber dafür gibt es ein Haushaltswarengeschäft, wo wir eine zweite Schüssel zum Abspülen, eine mit Deckel zum Einweichen der Wäsche während der Fahrt und eine Fleecedecke kaufen! Die ist sinnvoll, da die Steppdecken einfach viel zu warm ist, uns mit nur dem Laken aber gegen Morgen kühl wird.

Bereits mittags kommen wir an im Chobe Lodge Camp an, wo wir unter großen Bäumen mit Blick auf den Fluss stehen, direkt neben diversen Warnschildern vor Flusspferden und Krokodilen.

Direkt am Chobe ist Vorsicht vor Flusspferden und Krokodilen geboten!
Unser Auto vom Fluss aus gesehen

Am Nachmittag machen eine dreistündige Bootsfahrt auf dem Chobe, bei der wir aus nächster Nähe viele schöne Vögel sehen (Schrei-Seeadler, Schwarzstorch, Kingfisher, Mohrenklaffschnabel, Blaustirn Blatthühnchen, Hammerkopf, Marabu) und natürlich auch Flußpferde, Krokodile und Büffel in großer Zahl. Leider beginnt es gegen Ende der Tour zu regnen, aber das Boot ist glücklicherweise überdacht. Am Abend essen wir im sehr schönen Restaurant der Chobe Safari Lodge, zu der unser Camp gehört.

Es ist erstaunlich kühl
Schreiseeadler
Landschaft am Chobe
Restaurant in der Lodge

Am nächsten Morgen geht es um 5:45 los zu einer mehrstündigen Pirschfahrt in einem offenen Fahrzeug. Unser Fahrer hat Rallye Ambitionen und prescht wie ein Wilder durch die Gegend. So sind wir das erste Fahrzeug bei einer Gruppe von Löwinnen. Zum Abschluss gibt es Kaffee und Kekse und man hat Gelegenheit, hinter einen Busch zu gehen. Angesichts der Löwenspuren auf dem Weg sind alle recht flott!

Unser Rennfahrer
Ein besonders schönes Warzenschwein
Platz ist im kleinsten Tümpel
Mohrenklaffschnabel
Kingfisher oder Eisvogel
Helmperlhuhn
Stau - also gibt es hier etwas zu sehen
Nämlich Löwen...
...und Giraffen
Rast mit Blick auf den Chobe
Kaffee oder Tee mit netter Tischdecke
Rotschnabeltoko

Am gleichen Tag geht es weiter nach Namibia in den Caprivi Streifen, der heute Zambesi Region genannt wird. Die Einreise nach Namibia dauert länger als gedacht. Die Grenzbeamten sind eher unfreundlich und sichtlich geschockt von dem Andrang an Ausländern. Es gibt eine lange Diskussion um die Einstufung der Fahrzeige: Klasse 2 oder 3? Wir enden in 3, der teureren Klasse, aber wohl doch berechtigt, weil 3,6 t Gewicht in den Papieren steht. Dafür entfällt die bei der Ausreise bislang zu zahlende Straßennutzungsgebühr, die nach km berechnet wird.

Die Bezeichnung Caprivi Streifen leitet sich vom gleichnamigen deutschen Reichskanzler ab, der diesen Streifen und Helgoland von den Engländern gegen Sansibar eingetauscht hat, um Zugang zum Sambesi zu erhalten. Hier gibt es entlang der Straße viele traditionelle Dörfer mit Rundhütten, die alle sehr ordentlich wirken. Wir sehen auch viele Schulen und zur Mittagszeit bewegen sich riesige Gruppen von Schulkindern in Schuluniform entlang der Straße und legen offensichtlich kilometerlange Strecken zu Fuß zurück, um nach Hause zu kommen. Und das in drückender Hitze. Jede Schule hat ihre eigene Farbgebung bei der Schuluniform!

Gepflegte Rundhütten entlang der Straße in der Zambesi Region
Einkaufsstraße in Katimo Mulilo

Die Stadt Katima Mulino (ca. 30.000 Einwohner) ist die Regionalhauptstadt der Zambesi Region. Die Stadt brodelt vor Menschen und Autos. Es gibt ein großes, neues, schönes Regierungsgebäude, ein Krankenhaus und diverse Malls und kleine Geschäfte. Wir kaufen ein und versuchen vergeblich, eine SIM Karte für Namibia zu bekommen. Vor dem Laden in der Mall stehen lange Schlangen von Leuten an. Schließlich bekommt Peter die Auskunft, dass man seit Jahresbeginn eine Anschrift in Namibia nachweisen muss. Das können wir nicht und viele Leute in der Schlange auch nicht, denn in den Dörfern entlang der Straße gibt es keine offiziellen Adressen. Wir fahren zum Camp und überlassen es unseren Reiseleitern, das Problem zu lösen. Die schaffen das auch und am nächsten Tag sind wir wieder online.

Im Camp der Protea Zambesi River Lodge haben wir einen schönen Stellplatz mit Blick auf den Sambesi und richten uns gerade häuslich ein, als ein heftiges Gewitter mit sintflutartigem Regen niedergeht. Reisegenossen, die etwas später ankommen, fahren sich in dem feuchten Rasen fest. Außerdem gibt es schlimme Undichtigkeiten an den Dachluken. Eine davon befindet sich direkt über dem Bett und sorgt für einige feuchte Betten. Bei einem Paar läuft das Wasser innen an der (geschlossenen!) Aufbautür herunter wie ein Sturzbach. Bei uns ist alles dicht und wir können das Unwetter bei laufender Klimaanlage gemütlich im trockenen Wohnmobil aussitzen.

Am nächsten Tag fahren wir weiter durch diese archaische Welt. Auf den Feldern wird mit Ochsen und Handpflug gepflügt und Frauen hacken die Felder. Ein Highlight ist die Schlachtung einer Kuh am Straßenrand, anderswo hängt bereits das Fleisch zum Verkauf im Baum. Im Örtchen Divundu gelingt der Kauf einer SIM Karte und von Datenvolumen. Divundu ist winzig, ein paar Schuppen, zwei Tankstellen und eine neue Mall. Man fragt sich, wer da einkaufen soll, die Leute entlang der Straße sicher nicht. Die meisten Geschäfte in der Mall stehen leer und das Angebot im Supermarkt ist schlecht.

Fleischverkauf am Straßenrand

Über eine Schotterstrecke und Sandpiste geht es zum wunderschönen Camp Mahangu am Okavango. Hier bleiben wir zwei Tage. Die Besitzer sind Deutsch Namibier und die Umgangssprache ist deutsch. Im schön eingerichteten Wohnzimmer läuft deutsches Fernsehen und zum Abendessen gibt es im Restaurant Rouladen mit Spätzle, begleitet vom Brüllen der Hippos. Restaurant und Bar sind Freiluftbetriebe und liegen auf einer Terrasse mit Blick auf den Okavango. Bis vor wenigen Wochen konnte man in einem eingefriedeten Areal im Fluss baden, seit dem Angriff eines Flusspferdes auf eine Badende ist das nicht mehr erlaubt und man muss sich mit dem sicheren Pool in der schönen tropischen Gartenanlage begnügen.

Wohnzimmer
Terrasse über dem Okavango
Swimming Pool im Fluß, momentan geschlossen!

Der freie Tag beginnt mit einer Bootstour, bei der uns mit Blick auf Flusspferde und schöne Vögel ein reichhaltiges Frühstück serviert wird.

Wie man im benachbarten Dorf lebt, sehen wir beim anschließenden Village Walk mit einem einheimischen Guide namens Werner. Das Dorf sieht genauso aus wie all die Krale, die wir im Caprivi Streifen entlang der Straße gesehen haben. Die Zustände sind erschreckend, wenn nicht verstörend. Das Trinkwasser muss Kanisterweise vom Brunnen an der Schule geholt werden, alles andere Wasser wird mit Ochsenschlitten vom Fluss heraufgebracht. Gewaschen wird im Fluss, was wegen der Krokodile zumindest für die kleinen Kinder nicht ungefährlich ist. Es gibt keinen Strom, keine Toilette, keinen Zugang zu Gesundheitsfürsorge, eigentlich nichts, was zivilisiertes Leben ausmacht, nur Hitze und Staub im Kral. Eine ärztliche Versorgung kann man sich im Dorf nicht leisten, laut Werner nicht mal Malaria Medikamente. Man vertraut auf traditionelle Heiler, von denen es im Dorf gleich drei bis vier gibt. In einem Kral lebt eine Großfamilie zusammen, Vorstand ist der Familienvater, nach dessen Tod die Mutter. Die Kleinkinder wirken apathisch, die Fläschchen mit Babynahrung liegen in der Hitze im Sand. Viele Frauen kommen gerade mit ihren Hacken vom Feld, man lebt von Hirse und schlachtet ab und zu ein Huhn oder ein Rind. Bis zum Abend ist alles Fleisch verwertet oder verkauft, Kühlung gibt es nicht Wir verabschieden uns mit einem Geld Geschenk an die Dorfälteste und fahren weiter zur Schule.

Werner zeigt die Hirse
Die Dorfälteste
Papa und die Kinder holen Wasser vom Okavango

Der stellvertretende Direktor erwartet uns bereits und rügt uns als erstes, weil wir uns im Dorf länger aufgehalten haben als vorgesehen. In die Schule gehen 395 Kinder, unterrichtet werden sie von 13 Lehrern, auch in so praktischen und sinnvollen Dingen wie Ackerbau, Viehpflege und Hygiene.

Die Schule
Der stellvertretende Direktor

Die jüngsten Schüler gehen gerade nach Hause. Jedes hat ein Behältnis für den dünnen Hirsebrei dabei, der bei der Schulspeisung ausgegeben wird. Diese Kinder sind lebhaft und fröhlich, ganz anders als die Kleinkinder, die wir im Dorf gesehen haben. Sie benehmen sich wie Kinder und freuen sich auch über unseren Besuch.

Wir sehen ein einfaches aber funktionales Klassenzimmer und können viele Fragen stellen. Ein ganz großes Problem ist, dass nicht einmal eine Schulausbildung ein Garant für eine bessere Zukunft ist, denn auf Hunderte von km gibt es nichts, wo man qualifizierte Arbeit finden könnte. Nicht alle können Lehrer oder Polizist werden, nicht alle wollen für eine bessere Stelle nach Rundu (60.000 Einwohner, ein Krankenhaus, ein College) ziehen, das für sie gefühlt auf einem anderen Planeten liegt. Der junge Lehrer, der Justus heißt wie unser Sohn, hat Informatik studiert. Aber wo soll er hier arbeiten? Er ist froh über seine Stelle als Lehrer! Mit einer Spende, die ordentlich ins Kassenbuch eingetragen und quittiert wird, verabschieden wir uns.

Der junge Lehrer namens Justus

Am letzen Morgen genießen wir ein schönes Frühstück auf der Terrasse am Fluss mit Blick auf die Flusspferde. Dann machen wir uns auf zu einem langen Fahrtag von 420 km.

In Rundu schauen wir uns einen Handwerkermarkt an. Hier gibt es Kleidung zu kaufen, die vor Ort genäht wird. Unseres Erachtens werden dafür teilweise Altkleider verwertet.  Die Näherinnen fertigen kunstvolle Kleider im afrikanischen Stil, aber auch Schuluniformen. Wir sind die einzigen Weißen und die einzigen Touristen auf dem Markt. Rundu ist gesichtslos, aber lebendig, Es wimmelt von Autos, Bussen und Menschen.

Welches Huhn soll ich nur nehmen?
Das Nilpferd ist leider zu groß
Kein Schrott! Ersatzteillager!
Die Näherinnen
Alles vor Ort genäht!
Hier kann man sich verschönern lassen
Die Verwandlung eines Plastikstuhls in einen Relaxsessel!
Tankstelle in Rundu

Unsere Mittagspause machen wir wie immer an einem Rastplatz an der Straße, möglichst entfernt von einer Siedlung. Heute kommt trotzdem ein Jugendlicher vorbei und betrachtet sehr neugierig das Wohnmobil und uns, die wir bei geöffnetem Fenster am Tisch sitzen. Er bedeutet uns, dass er auch gerne etwas essen würde. Wir verschenken eine Flasche Wasser, unser restliches Brot, ein paar Äpfel und etwas Schokolade. Er nimmt alles und zieht ab Richtung zuhause, wo immer das sein mag.

Kurz darauf verlassen wir den Caprivistreifen. Ab der Grenze zum Bezirk Grootfontein ändert sich das Bild: keine Kralsiedlungen mehr, kein brodelndes afrikanisches Leben, keine Schulkinder zu Fuß, keine Kühe auf der Straße, sondern nur noch Großgrundbesitz rechts und links der Straße. Wir sind froh, diese tropische und sehr afrikanische Seite des Landes im Caprivi Streifen gesehen zu haben.

Wir übernachten im wunderschön angelegten Roys Rest Camp und essen dort sehr gute einheimische Küche. Das Camp ist kreativ dekoriert mit Schrott aller Art! Man kann im Campingbereich übernachten oder aber ein kleines Hüttchen mieten und sich fühlen wie beim Herrn der Ringe.

Leider fahren wir gleich am nächsten Tag weiter nach Tsumeb, wenn auch nur eine kurze Strecke von 120 km. Zwischen Grootfontein und Tsumeb besichtigen wir noch den über eine gute Piste erreichbaren Hoba Meteoriten, den bislang größten auf der Erde entdeckten Meteoriten.  Der Eintrittspreis ist unverschämt hoch, aber es lohnt sich trotzdem, ihn gesehen zu haben. Man darf sich auf den Meteorit stellen, dort herrscht eine eigenartige Akkustik, weil der Schall nach unten komplett absorbiert wird. 

Zwischen Grootfontein und Tsumeb sehen wir einen der wandernden Trupps von Straßenarbeitern. Sie wohnen in einfachen Zelten direkt an der Straße, ohne Sanitäreinrichtung, und arbeiten mit archaischen Methoden. Hier z.B. schlagen sie mit Macheten das Gras neben der Straße weg, anderswo haben wir gesehen, dass kleine Bäume mit einer Art Brechstange entfernt werden. Unmittelbar danach sehen wir eine überfahrene schwarze Mamba.

Tsumeb (15.000 Einwohner) ist eine alte Bergbaustadt und sehr hübsch mit überdachten, einfachen Schattengängen rechts und links der Hauptstraße. Hier wurden Kupfer, Blei, Zink und über 200 Mineralien abgebaut. Bis 1906 wurde das Erz in Ochsenkarren ins 566 km entfernte Swakopmund gebracht, ab 1906 dann über eine neu gebaute Eisenbahnlinie. Für deren Bau wurden Herero und Ovambo von den deutschen Kolonialherren zwangsverpflichtet, was einer der Gründe für den Aufstand der Herero war. Die Stadt blühte mit der Bahnlinie auf und zwischen 1901 und 1996 konnten ca. 27 Mio Tonnen Erz gefördert werden.  Ein militanter Streik und der Verfall des Kupferpreises führten zum Ruin und zur Stilllegung der Mine.

Wir übernachten im Park des sehr schönen Kupferquell Resorts unter großen Kapok Bäumen. So schöne Waschräume hatten wir noch nie und auch noch nie so einen großen Pool.

Nachdem wir ab jetzt viele schlechte Wegstrecken vor uns haben, bekommen wir eine Einführung ins Reifenwechseln und das richtige Verhalten bei einer Panne! Immer viel Wasser trinken, Sonnenhut tragen, möglichst im Schatten bleiben, Ruhe bewahren!

Kapok Schoten

Die Gegend zwischen Grootfontein und Tsumeb ist für namibische Verhältnisse ungewöhnlich regenreich (550 mm jährlich) und erlaubt intensiven Ackerbau und es gibt viele deutsch-namibische Farmer. Viele von ihnen interessierten sich offenbar für die lokale Geschichte und haben viele Artefakte der San und Himba gesammelt, die neben Mineralien und kolonialem Erbe im Heimatmuseum von Tsumeb zu besichtigen sind.

Das Museum besichtigen wir am nächsten Morgen gemeinsam. So viele Wohnmobile parken hier sicher nicht so oft! Danach geht es in den Etosha Nationalpark!

Parken vor dem kleinen Heimatmuseum
Lokomotive der Otavi Minen und Eisenbahngesellschaft
Relikte aus dem 1. Weltkrieg
Faschingsorden
Brautkleid, genäht aus Verpackungen von Zigarren, ca. 1914
Reklameschild am Otjikoto Lake

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