Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Der Kreis hat sich geschlossen, Balu ist wieder daheim

Am 13.7.2020 ist unser Balu auf den Tag genau nach 7 Monaten wieder in seiner Uttenreuther Heimat eingetroffen!

Nach vielen erfolglosen Telefonaten mit Speditionen und Schiffahrtsgesellschaften nach unserer Rückkehr aus Jordanien haben wir von unseren Schweizer Reisegenossen den Tipp bekommen, dass ITS International Transport & Shipping Ltd. in der Schweiz den Transport unseres Balu organisieren könne.

Wir haben sofort dort angerufen und uns den nächsten Transport-Slot reservieren lassen. Von da an haben wir fast täglich Kontakt zu Bianco Massimo, dem CEO der Gesellschaft. Noch ist aber die Buchung nicht bestätigt!

Damit Balu auf einem Vehicle Carrier per RoRo (Roll on roll off) auf der Strecke von Fernost nach Europa unterkommen kann, muss noch viel erledigt werden. Wir müssen eine Vollmacht für eine jordanische Spedition erstellen, damit sie das Fahrzeug und die Schlüssel vom Hotelier ausgehändigt bekommen. Außerdem benötigen wir eine Packliste aller Artikel im Balu mit Wertangabe, was aus dem Gedächtnis gar nicht so einfach zusammenzustellen ist. Leider ist die originale Liste bei unserer überstürzten Abreise im Balu liegen geblieben. Alles in allem umfasst dieses Dokument mehrere Seite und erreicht bei der Wertangabe eine erstaunliche Summe. Zusammen mit dem Carnet de Passage und unserem Aufbauschlüssel wird alles dann per Blitzkurier in die Schweiz geschickt werden. Herr Bianco schickt dann, trotz Corona Ausgangssperre, die Unterlagen aller Reisekollegen per Kurier nach Jordanien zur Partnerspedition.

Am 24.4. kommt die erhoffte gute Nachricht aus der Schweiz: „Alle 17 Fahrzeuge sind fest gebucht und auf folgendem Schiff bestätigt: M/V Euphrates Highway (der Fluss auf der Autobahn – passt doch zu Ihrem Projekt), Voyage Nr. V74A. Beiliegend noch zwei Bilder dieses unattraktiven, schwimmenden Kolosses. Das Schiff wird voraussichtlich am 13.05.20 in Aqaba anlegen und am 16.05.20 wieder ablegen (im Moment hat es 3 Tage Verspätung, was aber bei RO/RO Schiffen nicht unüblich ist) und sich auf direkten Weg nach Bremerhaven machen. Die voraussichtliche Ankunft in Bremerhaven wird der 06.06.20 sein. Für die Versicherung wird ein Zustandsrapport / Fahrzeugexpertise erstellt. Diese wird durch einen offiziell anerkannten Surveyor durchgeführt. Der Surveyor wird den Transport der Fahrzeuge ab dem Hotel in Aqaba und bis diese auf dem Schiff «festgezurrt» sind, begleiten und entsprechend dokumentieren. So ist auch sicherstellt, dass die «sensiblen» Fahrzeuge, die ein besonderes Augenmerk erfordern, sachgemäss behandelt werden, so dass auch diese die Reise schadlos überstehen. Hoffentlich!“

Am 16.5.2020 dann die erlösende Nachricht von Hr. Bianco: „Guten Abend allerseits: Alle Fahrzeuge wurden soeben auf das Schiff verladen.“

Da geht es uns dann sofort wieder besser weil die Rückkehr unseres Balu in greifbare Nähe rückt. Über den Vesselfinder checken wir mehrmals täglich die Position des Schiffes. Mohammad, unser Schwiegersohn, schreibt ein Programm, welches die aktuellen Positionen des Schiffes alle 5 Minuten ausliest. Aus diesen Daten kann ich Balus Schiffsfahrt als Spur in unserer Karte des Routenverlaufs eintragen. Wie man auf der Karte sehen kann, ist von einem direkten Weg nach Bremerhaven keine Rede. Erst geht es durch den Suezkanal über Piräus (GR) nach Livorno (I), weiter nach Portbury (UK), Zeebrugge (B), Amsterdam (NL) und schließlich nach Bremerhaven. Entladung und Zolldurchlauf soll dann am 8.6.2020 stattfinden, so dass wir unsere Fahrzeuge am 9.6.2020 in Empfang nehmen können.

Also geht es am 8.6 mit einem Mietauto erst einmal nach Hannover zur Übernachtung bei unserer Tochter mit Familie. Am nächsten Tag dann morgens die letzten paar Kilometer nach Bremerhaven.

Tag 210 (9.6.2020)

Bei k-line im Hafen von Bremerhaven bekommen wir unsere Dokumente und auch den Aufbauschlüssel ausgehändigt. Dazu noch ein Dokument, damit wir im Hafengebiet zum richtigen Auto gefahren werden, das wir bei BLG, die unser Fahrzeug in Verwahrung haben, abgeben sollen. Dazu muss man sich erstmal im Büro in die Warteschlange der LKW Fahrer einreihen, um dann nach endloser Wartezeit von einem Fahrer in einem klapprigen VW-Bus zu Balu gebracht zu werden.

Während der Fahrer des VW unseren Zündschlüssel holt, können wir bereits sehen, dass das Plissee an der Beifahrertür komplett aus dem Rahmen hängt. Hinter dem Vorderrad sind ebenfalls auf der rechten Seite an der Kunsstoffverkleidung Kratzspuren zu erkennen, ebenso an der unteren Türverkleidung unserer Aufbautür. Nur ist hier das Kunsstoffteil angerissen. Wir diskutierten diese beiden Schäden mit dem Fahrer. Er meint dazu in einem absolut unhöflichen Ton. „Sie waren ja in allen möglichen Ländern unterwegs, das können Sie sich ja überall geholt haben. Das bestätige ich Ihnen nicht“. Und daraufhin verschwindet er, bevor wir überhaupt ins Auto schauen konnten. Wir beenden unseren Rundgang um das Fahrzeug und stellen fest, dass das Plissee auf der Fahrerseite auch als zerstört angesehen werden muss. Jetzt erst stellten wir fest, dass man die Aufbautüre von außen nicht mehr öffnen kann. Liegt es an dem Schaden unter der Tür oder wurde hier etwas bei einem Einbruchsversuch zerstört? Die Antwort wissen wir auch jetzt noch nicht.

Wir wollen natürlich die Schäden bestätigt bekommen, damit wir diese bei unserer speziellen Transportversicherung anmelden können. Wir stellen unseren Balu in der Nähe des Ausfahrtstores ab, um zu Fuß nochmals in das Büro zu gehen. Sofort kommt ein Fahrzeug der Hafensecurity. Ein sehr freundlicher Herr teilt uns mit, dass wir uns zu Fuß nicht auf dem Gelände bewegen dürfen und wir sofort mit dem Fahrzeug das Hafengelände verlassen müssen. Wir fahren also durch die Ausfahrtsschranke und parkten direkt vor dem bereits gut bekannten Verwaltungsgebäude. Als wir nach erneutem Anstehen am Schalter von BLG vorstellig werden, werden wir wieder sehr unhöflich abgefertigt. Offensichtlich hat der vermeintliche Fahrer bereits ein Dokument über den Schaden erstellt und dem darf nichts mehr hinzugefügt werden. Auf dem Papier ist folgendes dokumentiert: „Wohnmobil alt (!) und gebraucht. Vorhang rechts defekt, Kratzer unter der Tür.“ Offensichtlich ist der VW-Bus Fahrer auch derjenige, der zuständig für die Schadensdokumentation ist.

Ich rufe daraufhin bei unserem Schweizer Spediteur an. Dieser telefoniert mit k-Line und bittet uns nochmals dort in das Büro zu gehen. Dort arbeitet wegen Corona in einer Büroflucht gerade mal ein Mitarbeiter (auch noch gehbehindert). Er sieht sich daher nicht in der Lage unseren Schaden als unabhängiger Zeuge zu bestätigen, aber ruft beim Kundenservice von BLG an. Diese versprechen, den Mitarbeiter am Schalter dahingehend zu instruieren, dass er gemäß unseren Angaben das Protokoll erweitern soll. Wieder Anstellen in der Reihe der Truckdriver vor dem Schalter bei BLG. Aber jetzt ist es 14:00 Uhr und Schichtwechsel, es folgt eine 30 minütige Pause. Um 14:30 ist ein Schalter endlich wieder geöffnet und ganz langsam verkürzt sich die Schlange der Trucker vor uns. Endlich am Schalter angekommen, will der dortige Mitarbeiter uns nach wie vor nicht weiterhelfen. Ich rufe in seinem Beisein bei dem Herrn von k-line an und teile ihm mit, dass man weiterhin nicht kooperationsbereit sei. Daraufhin wird der Bearbeiter erst recht störrisch und verweigert jegliche Kooperation. Ulrike rastet aus (kein Essen und Trinken seit dem Frühstück, entnervt von der Warterei): „Wir verlassen den Schalter nicht, ehe wir den Schaden protokolliert haben.“ Nach einigem hin und her ergänzt er schließlich handschriftlich den Schadensbericht, ohne ihn jedoch zu unterzeichnen. Dehydriert und unterzuckert wie wir sind, belassen wir es dabei und machen uns auf den Weg. Jetzt geht es nur noch zum Zoll, um unser Carnet de Passage abstempeln zu lassen. Das ist die Voraussetzung für die Rückerstattung der Kaution beim ADAC in Höhe von € 45.000,00. Um 18:30 sind wir fertig!

Später hören wir, dass Reisekollegen genauso übel mitgespielt wurde. Bei einem fehlt die Panorama Dachluke vollständig (wie passiert so etwas, fragt man sich) und sie schaffen es nicht, das bestätigt zu bekommen. Ein Teil der Reisekollegen trifft sich an diesem Abend noch zu einem gemeinsamem Essen. Das wurde kurzfristig verabredet und wir haben uns bereits für den Abend mit Ulrikes Cousin in Oldenburg verabredet. Da sich der Termin nicht verschieben lässt, verzichteten wir auf das Beisammensein mit der Gruppe. Es wird ein sehr netter Abend in Oldenburg.

Tag 211 (10.6.2020)

Heute verlassen wir Oldenburg, um nach Worpswede zu fahren. Den Plan mit einer Fähre überzusetzen, müssen wir aufgrund des Überhangs am Balu und des starken Winkels der Fährrampe wieder aufgeben. Ein Aufsetzen mit dem Heck wollen wir nicht riskieren. Das wäre ein schlechter Witz nach einer so langen Reise einen größeren Schaden bei einer Fähre über die Weser zu verursachen! So fahren wir ein Stück weiter, um die Weser über eine Brücke zu überqueren und dann auf direktem Weg nach Worpswede, um dort die diversen Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Nach dem ersten Museumsbesuch (meiner Meinung nach nicht wirklich sehenswert) beschließe ich, Ulrike in das nächste Museum alleine gehen zu lassen und ziehe es vor auf einer Parkbank neben Balu etwas zu lesen.

Nach den Besichtigungen geht es dann direkt die letzten 2 Kilometer zu unserem reservierten Stellplatz in Hammehafen. Leider bekommen wir nicht den versprochenen Platz direkt am Wasser, aber nachdem wir nur für eine Nacht reserviert haben, können wir verstehen, dass der Besitzer Fahrzeuge mit mehrtägigem Aufenthalt bevorzugt. Aber wir haben trotzdem einen sehr schönen Blick auf das Wasser der Hamme. Und endlich sind wir wieder alle zusammen!

Am Abend gehen wir zum ersten Mal seit Corona in Deutschland in ein Restaurant zum Essen. Das war ein völlig neues Erlebnis nach monatelanger „Entbehrung“.

Man hätte in dieser Region noch viele Tage verbringen können, aber Ulrike hat einen begrenzten Urlaub und wir sind in Hannover wieder mit der Familie unserer Tochter verabredet.

Tag 212/213 (11.6.2020 und 12.6.2020)

Fahrt nach Hannover und natürlich keine Erholung 😉 Ich habe 2 Lampen zum ummontieren !

Aber ein Besuch im Hanoverschen Tierpark entschädigt. Obwohl der Park sehr klein ist, ist es doch beeindruckend mit wie viel Liebe zum Detail und zur Dekoration im gesamten Park umgegangen wurde. Dadurch erscheint der Park viel weitläufiger als er wirklich ist.

Tag 214 (13.6.2020)

Heute geht es dann Nonstop nach Hause. Balu ist nun auf den Tag genau nach 7 Monaten heimgekehrt. Ab jetzt heißt es Werkstatttermine vereinbaren. Balu hat ja noch Garantieanspruch und so muss alles an Problemen der Werkstatt mitgeteilt werden. Es sind hierfür 2 Partner zuständig. Für das Chassis ist es Fiat Professional und für den Aufbau ist es bei uns die Firma Berger in Neumarkt. Dort muss dann auch der Kostenvoranschlag für unseren Transportschaden erstellt werden, um diesen bei der Versicherung einzureichen. Nun warten wir darauf, dass auch diese letzte Hürde genommen wird.

Wir sind froh, diese Reise gemacht zu haben. Auch wenn Corona einige Spuren hinterlassen hat, es geht uns gut, wir haben eine tolle Reise hinter uns, wir sind zu Hause, haben auch Balu wieder – was will man mehr. Natürlich war das Ende viel kostspieliger als wir es uns vorgestellt haben.

Im Auto finden wir so allerhand Mitbringsel, unter anderem einen Schleier aus Saudi-Arabien (siehe oben, so geht Corona Schutz auch), mehrere Kilo Weihrauch und Sand, viel Sand in allen Ritzen und Ecken. Ein gründlicher Hausputz ist notwendig! Aber dafür haben wir ja nun viel Zeit!

Hier nun noch ein Absatz für die Zahlenfanatiker unter euch.
gefahrene Kilometer: 16.914
verbrauchter Diesel: 1.810 l
Verbrauch durchschnittlich 10,5
(da in Aquaba der 1/2 volle Tank für die Verschiffung entleert wurde sind wir dadurch auf 10,7 l/100 km gefallen
Spritkosten gesamt € 985,00
der durchschnittliche Literpreis über alle Länder betrug 0,54 €/l, wobei er definitiv im Iran am günstigsten war.

Evtl. werden wir diese Webseite zu einem allgemeinen Blog für weitere Reisen umbauen und euch die Möglichkeit geben an unseren weiteren Abenteuern teil zu haben.

4 Antworten

  1. Hallo Ihr Arabienspezialisten,
    wir haben Euer Reiseabenteuer mit großem Interessen gelesen. Ihr habt unschätzbare persönliche Eindrücke und Erfahrungen gewonnen und viele Plätze gesehen die wir bestenfalls aus dem Fernsehen kennen.
    Alle Achtung, hätten wir uns nicht zugetraut und unserem Womo nicht zugemutet.
    Aber – man lebt nur einmal! Und wozu hat man eigentlich ein Wohnmobil?

    Herzliche Grüße von
    Horst und Debbie

    1. Liebe Debbie, lieber Horst,

      Nur wer wagt, der gewinnt. Ihr habt ja noch genügend Zeit für solche Reisen. Euer Womo wird das auch durchstehen.

      Zitat: Aber – man lebt nur einmal! Und wozu hat man eigentlich ein Wohnmobil?

      Genau das ist unser Motto mit dem Zusatz: Die Welt ist zu schön um darüber hinwegzufliegen.

      liebe Grüße
      Team Balu

  2. Für Landratten: BLG = Bremer Lagerhaus-Gesellschaft … offenbar nicht die beste Adresse für wertvollere Frachten !? Ansonsten: vielen Dank, dass Ihr uns an dieser tollen und aufregenden Reise habt teilhaben lassen, bis zum Ende!

    1. Da wird sonst kein Trucker an den Schalter kommen und sich über einen Kratzer oder eine Delle im Container beschweren. Wohnmobilisten sind dann doch eher eine seltene Spezies

      Team Balu mit Balu

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