Bei den San in den Erongo Bergen, Windhoek und die Spitzkoppe
Nach unserem morgendlichen Besuch bei den Himba fahren wir 380 km nach Omaruru, wo wir um Punkt 14:30 im Konvoi in die Erongo Berge starten werden. So bleibt nur kurz Zeit, uns die Tikoloshe Schnitzerei in Omaruru anzuschauen und schnell etwas zu essen. Die Schnitzer schaffen aus verdrehten, knorrigen Wurzeln rustikale afrikanische Tiere und Skulpturen.




Unser heutiges Ziel ist das San Living Museum, das einen ähnlichen Ansatz verfolgt wie das Himba Project. Auch hier hat ein Farmer den ehemaligen Nomaden einen Platz eingeräumt. Für jeweils drei Monate kommen im Wechsel einige Familien aus dem Norden hierher. Das Living Museum dient zwei Zwecken: es bringt den San Geld ein und es soll ihre Traditionen erhalten. Die Kinder sollen durch die Führungen, in denen ihre Väter ihre Bräuche schildern, ihre eigenen Wurzeln und Traditionen schätzen lernen.
Für die letzten 40 km Staubpiste ins Erongo Gebirge kleben wir die Lüftungsgitter des Kühlschranks ebenso ab wie die Fenster. Trotzdem gelangt Staub ins Auto, leider besonders hinten im Bereich des Bettes. Aber die Anfahrt ist es wert. Uns erwartet ein Naturplatz in grandioser Lage zwischen roten Felsen.




Am späten Nachmittag feiert unsere Gruppe den Geburtstag einer Mitreisenden. Neugierig kommt eine Gruppe San-Frauen mit ihren Kindern vorbei, setzt sich an den Rand der Felsen und schaut zu. Daraus entwickelt sich ein gemeinsamer Tanz, an dem wir alle Freude haben. Nach einer Stunde ziehen sie sich so leise zurück, wie sie gekommen sind. Die San sind ganz anders als die Himba, sowohl in der Statur, als auch im Wesen. Sie sind sehr zierlich und klein mit relativ heller Hautfarbe. Ruhige, in sich ruhende, leise und freundliche und sehr sympathische Menschen.









Am Morgen treffen wir uns mit unserem San Führer Fernando zu einem Spaziergang. Ihn begleiten ein etwas jüngerer Mann und eine Gruppe kleiner Jungen zwischen 4 und 6 Jahren. Der jüngere Mann erklärt voller Freude die Lebensweise der San in seiner von vielen Klicklauten geprägten Sprache. Seine pantomimischen Darstellungen sind so gut, dass man das Wichtigste fast ohne Fernando’s Übersetzung ins Englische versteht. Die kleinen Buben lauschen konzentriert!




Die San waren Jäger (mit vergifteten Pfeilen) und Sammler und perfekt angepasst an das Leben in der Wüste. Ihnen wurde Jahrhundertelang übel mitgespielt. Ursprünglich lebten sie an der Küste des südlichen Afrikas. Da sie scheu und friedfertig waren, zogen sie sich vor den weißen und schwarzen Zuwanderern immer weiter ins Landesinnere zurück bis in die Kalahari. Von den Weißen wurden sie wie Freiwild erschossen, von den schwarzen Zuwanderern versklavt. In Namibia gibt es noch etwa 38.000 San und man hat an der mit 2% kleinsten Bevölkerungsgruppe wenig Interesse.












Ein Bild von den San kann man über den Film „Die Götter müssen verrückt sein“ bekommen. Wir sind äußerst beeindruckt von diesen freundlichen Menschen und hoffen sehr, dass diese netten Kinder, die wir treffen durften, ein Leben in Würde führen können!

Die sozialen Unterschiede kann man nur als krass bezeichnen. Selbst am Rand des kleinen Ortes Omaruru (6000 Einwohner) bei dem die Sandpiste zu den San abzweigt liegt eine riesige Hüttensiedlung. Zugegebenermaßen ist sie gerade im Umbruch: Wellblechhütten werden ersetzt durch winzige gemauerte Häuschen. Trotzdem lebt man in einer solchen Siedlung extrem eng aufeinander und die Möglichkeiten, sich seinen Lebensunterhalt selbstverantwortlich zu verdienen, dürften äußerst begrenzt sein. Tourismus und Landwirtschaft können in dieser abgelegenen Gegend nicht so viele Arbeitsplätze bieten.


Über Okahandja (45.000 Einwohner) geht es weiter nach Windhoek. Okahandja ist das kulturelle Zentrum der Herero, hier sind auch ihre Führer Tjamuaha (1790-1861), Maharero (1820-1890), Samuel Maharero (1856-1923), Hosea Kutako (1870-1970) und Clemens Kapuo begraben. Zu ihrem Gedenken und dem an die Schlacht am Waterberg gegen die deutsche Schutztruppe findet jeden August der traditionelle Hererotag statt. Die Gräber sind leider von einem doppelten Stacheldrahtzaun gesichert und liegen in einer etwas zweifelhaften Gegend. Reisegenossen von uns wurde hier bei einer früheren Namibiareise das Auto komplett ausgeräumt.

Auch beim Einkauf im Supermarkt haben wir kein gutes Gefühl. Bereits beim Parken vor dem Supermarkt werden wir von einem Bettler massiv bedrängt. Ein Car Watcher drängt den Bettler zurück und begleitet mich bis zum Supermarkt, Peter bleibt zur Sicherheit im Auto. Nun bettelt mich aber der Car Watcher an, er bräuchte Geld (300 R=15 €) für die Schulgebühren seiner Kinder. Im Supermarkt habe ich meine Ruhe, aber außen warten nun beide, der Car Watcher und der Bettler auf meine Gunst. Man versteht ja, dass es den Leuten viel schlechter geht als uns, aber wo fängt man an und wo hört man auf. Bedrückend finden wir auch, dass sich alle, denen es etwas besser geht hinter hohe Mauern zurückziehen, auf denen Stacheldraht und Elektrozäune aufgesetzt sind. Der Verbrauch an Stacheldraht und Elektrozäunen dürfte im Südlichen Afrika deutlich höher sein als in europäischen Ländern.
Über die einzige Autobahn Namibias (Länge 70 km) erreichen wir schnell die Hauptstadt Windhoek (470.000 Einwohner, rund 20% der Gesamtbevölkerung Namibias) und unseren Campingplatz, ein grünes Paradies hinter Stacheldraht. Er liegt in einem gutbürgerlichen Viertel, alle Wohnanlagen sind mit Stacheldraht, Elektrozäunen und Überwachungskameras gesichert. Am Campingplatz wird davor gewarnt, zu Fuß in die Stadt zu gehen, man solle aus Sicherheitsgründen lieber ein Taxi nehmen.
Am nächsten Tag machen wir als erstes eine Stadtrundfahrt mit dem Bus durch die Vorstadt Katutura. Unser junger Führer spricht eigentlich nicht wirklich Deutsch sondern mischt sich eine eigene Sprache aus Englisch und Holländisch/Afrikaans zusammen. Katutura ist während der Apartheid als Wohngebiet für Farbige gebaut worden, um Windhoek zu einer rein weißen Stadt zu machen. Die einfach gebauten Häuser hatten eine Grundfläche von 45 m2. Zwischen 1959 und 1968 wurde alle im Stadtgebiet wohnenden Schwarzen zwangsweise hierher umgesiedelt. Die Aufstände, die diese Umsiedelung begleiteten, werden als Geburtsstunde der SWAPO angesehen.



Anschließend besichtigen wir den alten Bahnhof. Das Empfangsgebäude wurde 1912 im wilhelminischen Stil erbaut. Hier sehen wir den Rovos Zug stehen. Mit Rovos Rail kann man luxuriös und teuer durch Afrika reisen. Später werden wir diesen Zug am Fish River Canyon wieder treffen.




Windhoek enttäuscht uns etwas, weil die Stadt so gar kein hauptstädtisches Erscheinungsbild hat. Der Regierungssitz ist der „Tintenpalast“, ein Verwaltungsgebäude der deutschen Kolonialregierung. Er wurde während der südafrikanischen Besatzung (1915 bis 1990) durch einen hässlichen Zweckbau erweitert. Der Park davor ist leider wegen Renovierung geschlossen.




Die alte Feste von 1890 (das erste Gebäude aus Stein im ganzen Land) und die alte deutsche Schule mit ihrem originalen Blechdach werden dem Verfall überlassen. Die Südwester Reiterstatue muss umgestürzt irgendwo in einem Innenhof liegen und ist nicht mehr zugänglich. Neben der Christuskirche aus deutscher Kolonialzeit (wegen einer Trauerfeier geschlossen) liegt das neue „Independence Memorial Museum“. Es sieht aus wie eine überdimensionale goldene Kaffeemühle und wurde allen Ernstes von einem nordkoreanischen Bauunternehmen geplant und errichtet. Die Statue des ersten Präsidenten der Republik Sam Nujoma vor dem Museum hat dann auch eine gewisse Ähnlichkeit mit Kim Il Sung.



Die Stadtführung findet ihren Abschluss mit einem ausgezeichneten Essen mit der ganzen Gruppe in Joe‘s Beerhouse, einem phantasievoll dekorierten Lokal. Wir essen Zebra, Kudu und Springbock!


Nach zwei Nächten in Windhoek verlassen wir die Stadt, fahren 230 km den gleichen Weg wieder zurück und biegen dann Richtung Swakopmund ab. Unterwegs stoppen wir kurz in Karibib (5000 Einwohner) und Usakos (3500 Einwohner). . Beide Orte besitzen zwar noch einige wenige koloniale Gebäude, die sind aber nicht sehenswert. Karibib ist berühmt für seinen weißen Marmor. Das Marmorwerk wurde 1903 als Deutsch Afrikanische Marmorgesellschaft gegründet und ist heute in chinesischem Besitz! In Karibib zweigen wir zur Christuskirche ab, sie ist verschlossen und steht wie verlassen inmitten der Einöde. Ab Karibib sind wir wirklich in der Wüste, es gibt keine Viehzäune mehr oder nur sehr wenige.




Unser heutiges Ziel ist die Spitzkoppe, ein Nationalpark um einige mächtige Inselberge aus rotem Granit, erreichbar über 30 km staubige Piste. Unmittelbar vor dem Gate liegt eine kleine Siedlung aus ärmlichen Wellblechhütten, in dem wohl die Angestellten leben. Das Wasser müssen sie sich am Gate holen und in Kanistern oder Eimern nach Hause schaffen. Kinder verkaufen einfache Mobiles aus flachgeklopften Dosen am Straßenrand.


Unser Übernachtungsplatz liegt direkt am Fuß der Felsen und bietet außer einem Lagerfeuerplatz keine Infrastruktur. Eine spektakuläre Landschaft umgibt uns! Die roten Felsen sind so rau, dass sie auch bei großer Steigung noch begehbar sind, so dass man weit hoch klettern kann, um die Aussicht zu genießen.




Am Abend gibt es ein Lagerfeuer und eine Überraschung. In dem kleinen Ort vor dem Gate des Parks hat ein umtriebiger Park Ranger einen kleinen Chor gegründet, der sonst in der Lodge auftritt und nun für uns am Lagerfeuer afrikanische Lieder singt. Dazu gibt es Amarula zu trinken! Nachts hören wir die knackenden Geräusche der Brüllgeckos und die Rufe der Klippschliefer.
Morgens gehe ich alleine nochmals auf die Felsen während Peter das Frühstück bereitet und begegne dabei einem Schabrackenschakal. Beide erschrecken wir uns fürchterlich! Das Licht ist sehr schön, so früh am Morgen. Nach dem Frühstück laufen wir gemeinsam zu einem durch Erosion entstandenen Felsentor und machen noch einige Fotos. Es wird sehr heiß!
Wir sind uns einig, dass die Eronge Berge und die Spitzkoppe die Landschaften im Südlichen Afrika sind, die uns bisher mit am besten gefallen haben.





