Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Von Lüderitz über den Fish River Canyon nach Südafrika bis nach Kapstadt

Von Lüderitz geht es die uns bereits bekannten 122 km wieder zurück und dann weiter nach Keetmanshoop immer durch menschenleere Wüste. Die 360 km lassen sich gut bewältigen, weil alles geteert ist. Einzige Hindernisse sind die Muldenkipper mit Anhängern, die Manganerz aus Südafrika in den Hafen nach Lüderitz bringen und leer zurückfahren.

Bei Keetmanshoop übernachten wir auf der Gariganus Farm direkt am Quiver Tree Forest. Es ist mit fast 40° glutheiß als wir am Nachmittag ankommen und Peter und ich versuchen, es uns im Schatten einer mickrigen Akazie gemütlich zu machen. Die per Hand gewaschene Wäsche ist in 30 min wieder trocken! Wir stehen auf staubigem Sandboden, aber mit direktem Blick auf die wirklich schönen Bäume. Gegen Abend schlendern wir durch den „Wald“, anschließend wird gemeinsam gegrillt und der Sternenhimmel bewundert.

Auf dem Weg nach Keetmannshoop
Köcherbäume
Sonnenuntergang im Köcherbaumwald

Giant’s Playground, eine Art Felsenlabyrinth, erkunden wir früh am nächsten Morgen, bevor wir in Richtung Fish River Canyon weiterfahren.

Eine namibische Sehenswürdigkeit auf der Strecke zum Canyon ist der Naute Damm, ein kleiner Stausee mit etwas Wasser darin. Das Wasser versorgt die Stadt Keetmannshoop, außerdem wird in der Wüste um den See der Anbau von Weintrauben und Dattelpalmen möglich. Hier ist auch der Sitz der Naute Distille, wo wir zu einer Verkostung vorbeischauen. Die Besitzer sind Deutsch-Namibier. Sie sind die einzigen Weißen weit und breit und fühlen sich hier sehr wohl. Aber diese ewige Wüste, den Staub, die weiten Entfernungen und die eklatanten sozialen Unterschiede muss man schon aushalten können. So sehr wir Wüste mögen, für uns wäre das nichts. Es gibt vor Ort hergestellten Gin, Gin Likör und Nappa (namibischer Grappa), dazu selbstgebackenes Brot mit Biltong (Trockenfleisch) und zum Abschluss Kaffee und Dattelkuchen nebst Dattel Brandy. Alles sehr, sehr gut! Danach nimmt man die Staubpiste und die Bodenwellen mit größerer Gelassenheit hin.

Querung der überfluteten Brücke am Naute Damm
Arbeiter in der Naute Distille
Die sehr zu empfehlenden Produkte!
Nach der Verkostung nimmt man jede Wellblechpiste gelassen hin!

Auf dem Weg zum Canyon Roadhouse, unserem Übernachtungsplatz, passieren wir den Rovos Train, einen Luxus Zug, mit dem man für viel Geld durch Namibia reisen kann. Er hält mitten in der Wüste, damit die Passagiere einen Bus-Ausflug zum Fish River Canyon machen können! Man bereitet sich gerade auf die Rückkehr der Passagiere vor und stellt die Drinks bereit.

Einkehr zu Kaffee, Apfelstrudel und Biltong ist hier mitten in der Wüste möglich
Ausweichgleis für den Stopp des Zuges am Fish River Canyon
Hier stoppt der Rovos Zug auf freier Strecke
Man erwartet die Rückkehr der Passagiere
Gräber dreier Soldaten der deutschen Schutztruppe von 1906 an der Bahnlinie
Blick vom Hügel oberhalb des Campingplatzes Canyon Roadhouse
Gleich geht die Sonne unter
Abendessen vor dem Wohnmobil

Am Morgen hatten wir eine frühe Abfahrt geplant, um am Canyonrand frühstücken zu können. Leider müssen wir bei der Abfahrt feststellen, dass unser Reifen platt ist. Gut, dass es am Camping passiert und am kühlen Morgen. Peter bockt das Auto hoch und dann erscheint auch schon unser Mechaniker Solomon, um zu helfen. Mit einer Stunde Verspätung fahren wir los und sehen den Canyon noch im schönen Morgenlicht. Er ist angeblich der zweitgrößte Canyon der Welt und wirklich eindrucksvoll. Die Zufahrt setzt allerdings namibischen Pisten die Krone auf: schlechter geht es nicht, man kann wirklich nur noch 20 km/h fahren und wird selbst dann noch durchgerüttelt.

Aussichtspunkt am Fish River Canyon

Nach dem Canyon geht es über gute Pisten (auf denen man mit 100km/h fahren kann) noch 180 km durch die Wüste. Die Staubfahne, die wir hinter uns herziehen ist natürlich grandios. Trotzdem wir das hintere Fenster und die Kühlschrankentlüftung abkleben, dringt hinten viel (wirklich viel!) Staub ein. Jeden Abend muss man das Bett entstauben, was schon lästig ist.

Eine Mittagspause legen wir in Ai-Ais ein. Ai-Ais ist eine einsame Oase um eine 65° heiße Thermalquelle herum und liegt unten im Tal des Fish Rivers. Es gibt ein Hotel, eine Tankstelle und einen wunderbaren heißen Pool. Leider bekommt man nicht mal ein Getränk oder einen Kaffee, nicht zu reden von etwas zu essen. Wir nehmen ein Bad und freuen uns, dass uns danach die 39° heiße Luft kühl erscheint. Obwohl nirgendwo ein zahlender Gast in Sicht ist, betätigen sich ca. 10 Arbeiter in aller Ruhe in den Gartenanlagen. Wie oft in Afrika ist es das oberste Zeichen von Gepflegtheit, wenn alle Sandflächen sauber gerecht sind. Sieht ja auch wirklich gut aus und entschädigt zumindest optisch dafür, dass die Duschen nicht funktionieren.

Auf dem Weg nach Ai-Ais
Die Oase Ai-Ais
Mittagspause am heißen Pool
Nach einem heißen Bad sind wir bereit für die letzten 50 km Piste unserer Reise
Peter dankt dem Himmel, dass das Fahren auf Piste endlich vorbei ist
Ab jetzt nur noch geteere Straße

Kurz vor der Grenze erreichen wir den Oranje Fluss. Der ist wirklich ein Wunder: Alles ist grün. Das Wasser des Flusses  ermöglicht den Anbau von Weintrauben in der Wüste im großen Stil. Es folgt die Ernüchterung als wie sehen, wie die Arbeiter leben. In Hütten aus Stroh und Wellblech, kein Strom und sicher keine Kanalisation. Wir passieren eine Gruppe von Frauen in Arbeitskleidung und mit großen Hüten, die, die Hacken geschultert durch den wehenden Staub auf ein Feld ziehen. Ein Bild wie aus einem Film über Sträflingsarbeit. Unter diesen Bedingungen werden die Weintrauben angebaut, die wir im Winter gerne kaufen!

So leben die Arbeiter, die die Weintrauben anbauen und ernten, die wir im Winter kaufen können

In Südafrika geht es über 120 km Teerstraße (welch ein Traum!) weiter nach Springbok. Den Tag beschließen wir damit, alle Polster, Gardinen und Moskitovorhänge vom Staub Namibias zu befreien. Was wir schon wieder verdrängt hatten, sind die Besonderheiten Südafrikas: Strom Abschaltungen. In Springbok z.B. zwischen 20:00 und 22:30 und am Morgen zwischen 6:00 und 8:30. Man muss halt mit Stirnlampe zum Duschen gehen. Glücklicherweise sind wir autark in unserem Wohnmobil, haben Licht und können kochen.

In Südafrika, auf dem Weg von Springbok nach Süden

Der nächste Tag ist ein langer Fahrtag: wir machen Strecke in Richtung Kapstadt. Es gibt unterwegs zwei Ereignisse: wir passieren einen Mann, der ein riesiges Kreuz schleppt und zwar am Randstreifen der Straße. Wofür er wohl Buße tut? Außerdem geraten wir in eine Führerscheinkontrolle. Die Polizistin notiert unsere Autonummer und dann soll Peter die Kontrolle auf ihrer Liste mit Unterschrift bestätigen! Vielleicht ihr Arbeitsnachweis?

Schöne rote Granitberge werden abgelöst durch eine flache Halbwüste und die grüne Landschaft entlang des Olifant Rivers. Bewässerung macht hier den Anbau von Weintrauben, Guavenbäumen und Rooibos Tee möglich. In Clanwilliam nehmen wir an einer Rooibos Verkostung teil und sehen einen sehr informativen Film über den Anbau und die Verarbeitung von Rooibos Tee.

Kirche in Clanwilliam

Nun ist es nicht mehr weit bis Lamberts Bay an der Küste. Lamberts Bay ist ein kleiner Ort, ruhig und einfach und nett. Eine Kirche, ein Spar, eine Pommes Frites Fabrik, ein kleiner Hafen und bescheidene, aber schöne Häuschen ohne Stacheldraht um die Gärten.

Highlight hier ist die Vogelkolonie auf einer zu Fuß über eine kleine Brücke erreichbaren Insel. Hier leben ca. 20.000 Kaptölpel. Lustige Vögel, sehr laut und unbeholfen bei der Landung. Als echte Tölpel machen sie Bruchlandungen, bei denen sie mit dem Bauch und dem Hals im Sand bremsen.

Hafen und Pommes Frites Fabrik in Lamberts Bay
Peter sitzt auf einem Walfischknochen!
Unmengen von Tölpeln leben auf der Halbinsel
Die Jungvögel ändern mit zunehmendem Alter ihre Federn von ganz dunkel zu hell
Elegante Flieger, nur die Landung ist tölpelhaft

Der Campingplatz liegt direkt an einem kilometerlangen, leeren Sandstrand und stammt noch aus der Zeit der Apartheid, als es für Weiße „in“ war, hier Urlaub zu machen. Mittlerweile kommen nur noch wenige Gäste und die Anlage verfällt allmählich, angesichts der Traumlage unverständlich. Nur der massive 2 m hohe Stahlzaun, der das Gelände umgibt, ist gut in Schuss.

Am Abend kommt ein Freund von Solomon und bietet sich an, für 100 Rand (5.50 €) unsere völlig verdreckten Wohnmobile zu waschen. Es gibt, weil die Fische ausbleiben, keine Arbeit mehr im Ort und er benötigt Schulgeld für die Kinder. Er hat keinerlei Ausrüstung, sondern wäscht das Auto mit unserem Besen und unserem Geschirrspülmittel!

Strand vor dem Campingplatz
Massiver Stahlzaun um den Platz, das Tor zum Strand ist nachts abgeschlossen
Verfallene Wasserrutsche mit erbaulichem Spruch und Stacheldraht

Am nächsten Tag wird deutlich, dass wir uns der Einflusszone von Kapstadt nähern. Es ist zwar noch ländlich, aber in den Küstenstädtchen gibt es immer mehr von Mauern umschlossene Siedlungen von Ferienhäusern.  

Hübsche Ferienhäuser
So dagegen wohnt der ärmere (schwarze) Teil der Bevölkerung

Auf dem Weg zum Übernachtungsplatz im Badeort Langebaan besuchen wir noch Paternoster, den ältesten und bekanntesten Urlaubsort an der Westküste. Es gibt viele edle Restaurants, gepflegte weiße Häuser und einen traumhaften Sandstrand. Man könnte auch in Portugal sein, so europäisch wirkt das Ganze. Insbesondere auch, weil alle Touristen Weiße sind. Wir fragen uns die ganze Zeit, wo die wohlhabenden Schwarzen Urlaub machen, die es in Südafrika ja auch gibt.

Paternoster
Paternoster
Haus in Paternoster mit Schild der Wachgesellschaft
Frachtzug mit Erz
Saldanha Bay Stahlwerk

In Langebaan übernachten wir auf einem sehr schönen Campingplatz direkt am Strand und laufen abends den Strand entlang zum Restaurant „Strandloiper“. Das Lokal ist rustikal: Unterstände direkt am Wasser mit einfachen Sitzbänken, gekocht wird auf dem offenen Feuer. Vielleicht deswegen ist es weithin bekannt und ohne langfristige Reservierung ist an ein Essen dort nicht zu denken.

Langerbaan ist ein sehr beliebter Westküsten Ferienort mit vielen Ferienhaussiedlungen, Apartmentkomplexen und einer großen Mall. Von Afrika ist hier nichts zu spüren!

Strand in Langebaan am Campingplatz
Im Restaurant "Strandloiper"
Meeresfrüchte vom Grill
Und zum Abschluß heißen Tee. Den kann man bei den kühlen Abenden gut brauchen.

Am nächsten Tag besuchen wir noch den West Coast National Park mit seiner schönen blauen Lagune, am Abend sind wir schon auf dem Campingplatz in Melkbosstrand, wo wir uns für die Zeit in Kapstadt einquartieren. Vom Strand aus sieht man links den Tafelberg und rechts die Kühltürme des einzigen Kernkraftwerks in Südafrika.

West Coast National Park
Geelbek Winery im Park
Pflanze in den Dünen
Melkbosstrand, unsere Basis für die Zeit in Kapstadt

Am ersten Tag in Kapstadt machen wir eine Stadtrundfahrt und Spaziergänge in mehreren Stadtvierteln. Es gibt wunderbare Anwesen, aber auch Bettler an jeder Ampel und primitive Hütten von Obdachlosen entlang den Haupteinfallstraßen. Auf den Tafelberg schaffen wir es leider nicht. Nach einer Woche mit viel Wind und Regen, in denen die Seilbahn nicht fuhr, beträgt die Wartezeit für die Auffahrt an diesem Sonntag mit perfektem Wetter mehr als drei Stunden. Der Blick vom Signal Hill auf die Stadt und den Tafelberg entschädigt dafür, ebenso die freie Zeit, die wir in Camps Bay am Strand verbringen. Die Lage der Stadt ist wirklich phänomenal schön.

Der Tafelberg, ganz ohne Wolken
Blick vom Signal Hill auf die Stadt und den Tafelberg
Blick vom Signal Hill auf das Stadion
In Bo-Kaap, dem früheren Malaienviertel
Man liebt Farbe!
Man beachte die Person links
So läßt es sich aushalten: Tee, Kekse und etwas zu lesen
Straßenszene
Die Townships als Kunstwerke aus Blech und Papier
Die Details sind unglaublich

Kapstadt wurde 1652 wegen seines geschützten Hafens als Versorgungsstation für die Handelsschiffe der niederländischen Ostindien Kompanie gegründet. Die Ureinwohner wurden vertrieben und Sklaven aus Madagaskar, Indien, Malaysia und Indonesien hierher verschleppt. Ab 1814 wurde Kapstadt britisch und erst dann wurde die Sklaverei abgeschafft. 1901 wurde die Rassentrennung eingeführt: die Schwarze Bevölkerung wurde auf die Ostseite des Tafelbergs verdrängt, wo auch heute noch die großen Townships liegen. Die Apartheid bestimmt bis 1990 die Lebensbedingungen in der Stadt. 1990 verkündete Nelson Mandela in seiner ersten öffentlichen Rede nach seiner Freilassung den Beginn einer neuen Ära in Südafrika.

Am Herrengracht Boulevard
Die Festung Castle of Good Hope mit Obdachlosensiedlung
Longmarket Street
Wale Street
Kunstgewerbe am Green Market Square
Einer der Händler
Parlament
Cecil Rhodes Statue im Company's Garden
Blick vom Company's Garden auf den Tafelberg
Strandleben in Camps Bay
Camps Bay, ein gepflegter Badeort
Badevergnügen hinter einer Mauer zum Atlantik im Camps Bay Tidal Pool
Camps Bay Tidal Pool
In Camps Bay am Strand

Sobald die Sonne untergegangen ist, wird es richtig kalt. Nach all den vielen glutheißen Tagen packen wir die warmen Bettdecken und die langen Schlafanzüge aus. Wir hätten nicht gedacht, dass es im südlichen Afrika so kalt werden kann.

Am nächsten Tag regnet es in Strömen und ist kalt und windig. Genau das Richtige für den Besuch des Aquariums an der Victoria und Alfred Waterfront. Der Regen hört aber wieder auf und wir können entlang der Waterfront schlendern und auch nochmal einen Abstecher in die Innenstadt machen. An der Waterfront ist alles sehr schön und edel und voller Touristen von drei großen Kreuzfahrtschiffen. Im Hafen liegen zudem noch die sechs High-Tech Yachten des Volvo Ocean Race.

Deko aus Plastikmüll an der Decke des Aquariums
Die edle Victoria and Albert Waterfront
Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in einem umgebauten alten Silo
Zeitz Museum
Auf dem Weg in die Stadt
Long Street
Clock Tower
Yachten vom Volvo Ocean Race

Nun brechen die letzten zwei Wochen unserer Reise an und wir sind schon etwas wehmütig!

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